War die Zustimmung des Ehemannes für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erforderlich?
Im Jahr 1966 erfolgte die erste größere Ankunft von koreanischen Krankenschwestern in Westdeutschland. Der Arbeitsvertrag der koreanischen Krankenschwestern galt für eine Dauer von drei Jahren. Nach drei Jahren Arbeitstätigkeit mussten sie eine befristete Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis beantragen, um weiterhin in Deutschland arbeiten und leben zu können. Im Jahr 1973 wurde die allgemeine Anwerbung aller GastarbeiterInnen beendet. Im Jahr 1977 führte der Anwerbestopp der koreanischen Krankenschwestern in Verbindung mit Ablehnungen der Ausländerbehörden in vielen Bundesländern zu einer befristeten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.
Es stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten sich einer koreanischen Krankenschwester boten, die bereits seit einigen Jahren in Deutschland lebte und einen nicht-deutschen Mann geheiratet hatte? Aufgrund der Tatsache, dass ihr Leben inzwischen fest in Deutschland verwurzelt war, musste sie einen dauerhaften Verbleib in Deutschland anstreben.
- Rechtlicher Hintergrund: Rechtlicher Hintergrund: In den 1960er- oder den 1970er-Jahren galt im Ehe- und Familienrecht nicht mehr das bürgerlich-rechtliche Leitbild der „Hausfrauenehe“1.
- § 1354 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) lautet wörtlich: „Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung.“2 Der §. 1354. wurde jedoch bereits im Jahr 1957 aufgehoben. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21.06.1957, in Kraft seit 01.07.1958 – GleichberG.) Dies hatte jedoch vermutlich keine Auswirkungen mehr auf staatsbürgerliche Entscheidungen in den 1960er- oder den 1970er-Jahren.
- Durch die große Eherechtsreform von 1976 wurde das Leitmodell der „Hausfrauenehe“ durch das Partnerschaftsprinzip ersetzt.
- Bei der Einbürgerung einer verheirateten ausländischen Frau, die ihre Staatsangehörigkeit deutsch ändern wollte, musste in der Regel keine Zustimmung ihres Ehemannes vorlegen, sofern sie in einer rechtlich gültigen Ehe lebte.
Dies war keine gesetzlich zwingende Vorschrift des Staatsangehörigkeitsgesetzes, aber:
- In der Verwaltungspraxis verlangten jedoch viele deutsche Behörden (insbesondere die Innenministerien der Länder) möglicherweise eine „Einverständniserklärung des Ehemannes“,
- insbesondere dann, wenn die Frau eine fremde Staatsangehörige war und eine Statusänderung beantragte, die auch Auswirkungen auf den Familienstatus hatte.
Es stellt sich die Frage, welche Bedingungen eine südkoreanische Frau in den 1970er-Jahren erfüllen musste, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten.
- Für eine südkoreanische Krankenschwester, die in Deutschland einen Nichtdeutschen Mann heiratete, ergibt sich folgendes Szenario:
Ich würde beispielsweise aus der Praxis eine fiktive koreanische Krankenschwester nehmen, die 1969 in Westdeutschland arbeitete und 1977 die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen wollte:
- Nach mehreren Jahren Arbeit in Deutschland wollte sie bleiben und sich einbürgern lassen.
- Seit der ersten Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis im Jahr 1972 hätte sie mehrmals den befristeten Aufenthaltstitel beantragen müssen.
- Die Ausländerbehörde verlangte den Nachweis der Aufgabe der koreanischen Staatsbürgerschaft, Einkommensnachweise, ein Führungszeugnis UND eventuell die Zustimmung des Ehemannes zur Änderung der Staatsangehörigkeit.
Wie oben genannt, musste eine verheiratete koreanische Frau nach der Vorschrift des Staatsangehörigkeitsgesetzes bei der Einbürgerung nicht gesetzlich zwingend die Zustimmung ihres Ehemannes vorlegen. Dieser Antrag hätte jedoch abgelehnt werden müssen, falls die deutsche Behörden in ihren damaligen Verwaltungspraxis eine „Einverständniserklärung des Ehemannes“ als Nachweis der „ehelichen Mitwirkung“ verlangt hätten. – mit Verweis auf die „ordnungsgemäße Zustimmung des Ehegatten“. Wenn der Ehemann diese Zustimmung nicht gab oder keine beglaubigte Erklärung vorlegte, konnte das Verfahren nicht abgeschlossen werden.
Um dies zu überprüfen, soll in den Archiven nachgeprüft werden, ob es Fälle gibt, in denen ausländische Frauen damals keine Einbürgerung erhielten, weil sie als verheiratete Frauen nicht allein entscheiden durften.
4. Wandel ab den 1970er-Jahren: Die rechtliche Abhängigkeit der Ehefrau wurde schrittweise aufgehoben.
- 1957: Der § 1354 BGB („Der Mann ist das Haupt der Familie“) wurde durch Art. 1, Bundesgesetzblatt aufgehoben.
- 1976: Durch die neue Ehegesetzgebung („Reform des Ehe- und Familienrechts“) wurden Frauen voll geschäfts- und entscheidungsfähig, auch in Fragen der Staatsangehörigkeit.
- Ab diesem Zeitpunkt brauchte keine Frau mehr die Zustimmung ihres Mannes, um eingebürgert zu werden oder ihre Staatsangehörigkeit zu ändern.
Leider konnte ich keine direkte Information oder Quelle ausfindig machen, um meine Fragestellung zu beantworten. Nach meiner Einschätzung, die auf der Recherche basiert, würde ich zusammenfassen, dass die Abhängigkeit in erster Linie auf mehr kulturellen Aspekten und weniger auf rechtlichen Gründen basieren könnte.
Das ist jedoch nur einer der Aspekte von heute. Es kann festgehalten werden, dass das deutsche Recht in den 1960er- und 1970er- Jahren in der Verwaltungspraxis noch in hohem Maße von patriarchalischen Strukturen geprägt war. In vielen Fällen wäre es für verheiratete Frauen damals doch erforderlich gewesen, die Zustimmung ihres Ehemannes einzuholen, wenn sie ihre Staatsangehörigkeit ändern oder eingebürgert werden wollten.
Auch dies sollte berücksichtigt werden, dass das Bild der ihrem Mann gehorchenden Frau damals noch als bedeutende Tugend für koreanische Frauen, welches sich durch den in Korea weit verbreiteten konfuzianischen Hintergrund untermauern lässt, der durch die „Drei Gehorsamsgebote, 삼종지도(三從之道)“3 nachweisbar ist. Als Ehepaar wollte die koreanische Ehefrau vielleicht die Meinung ihres Mannes nicht missachten, obwohl sie bereits seit vielen Jahren in Deutschland lebte.
Solche Hintergründe könnten möglicherweise den Widerstand im Jahr 1978 verursacht haben, der von Krankenschwestern deutschlandweit initiiert wurde. Sie sammelten Unterschriften für eine Petition, um die Möglichkeit der Erlangung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu erlangen.
Yunsoo Cho, 02.11.2025
Website zu weiteren Informationen (Letzter Zugriff aller Webseiten am 02.11.2025):
- Wikipedia
- Deutsche Staatsangehörigkeit
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Staatsangeh%C3%B6rigkeit
- Einbürgerung in Deutschland
https://de.wikipedia.org/wiki/Einb%C3%BCrgerung
- Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts
https://de.wikipedia.org/wiki/Erstes_Gesetz_zur_Reform_des_Ehe-_und_Familienrechts
- Gehorsamsparagraph
https://de.wikipedia.org/wiki/Gehorsamsparagraph
2. Sonstiges
- Familienzusammenführung
https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/ich-moechte-mehr-wissen-ueber/familienzusammenfuehrung
- ServicePortal Berlin
Einbürgerung – Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit beantragen
https://service.berlin.de/dienstleistung/318998
- Bürgerliches Gesetzbuch (Letzter Zugriff am 12.10.2025)
Das gesamte aktuelle Bundesrecht im Internet vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und das Bundesamt für Justiz
https://www.gesetze-im-internet.de
- Bürgerliches Gesetzbuch – Beck Online
https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata%2Fges%2FBGB%2Fcont%2FBGB.htm
- Gesetze und Verordnungen des deutschen Bundesrechts im Internet
https://www.buzer.de/index.htm
- Alte Fassungen (Letzter Zugriff am 12.10.2025)
Auflistung sämtlicher seit 1896 entstandenen Fassungen von Em. o. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Köbler https://www.koeblergerhard.de/Fontes/BGBalleFassungen.htm
- Aktuelles Staatsangehörigkeitsrecht in der Republik Korea (Letzter Zugriff am 12.10.2025)
https://seoul.diplo.de/kr-de/service/staatsangehoerigkeitsrecht-2236856
- Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
https://www.gesetze-im-internet.de/stag/BJNR005830913.html
- Das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG) ist am 27. Juni 2024 in weiten Teilen in Kraft getreten.
- Abschaffung des Gehorsamsparagraphen
- Vgl. Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (BGBl I S. 1421 – 1. EheRG), https://de.wikipedia.org/wiki/Erstes_Gesetz_zur_Reform_des_Ehe-_und_Familienrechts (Letzter Zugriff am 01.11.2025). ↩︎
- Bürgerliches Gesetzbuch 1957, https://www.koeblergerhard.de/Fontes/BGB/BGB1957_BGBl_I_S.18.htm (Letzter Zugriff am 01.11.2025). ↩︎
- „삼종지도(三從之道), The three obediences“ wurde hier „Drei Gehorsamsgebote“ übersetzt, das drei Arten des Gehorsamkeit beschreibt. Die drei Gehorsamspflichten: Vor der Heirat – Folge deinem Vater, nach der Heirat – Folge deinem Ehemann, nach dem Tod deines Ehemanns – Folge deinem Sohn. ↩︎